GICLÉE PRINT
Um einem größeren Kunstpublikum den Kauf von Kunstwerken bedeutender Künstler zu ermöglichen, werden zeitgenössische druckgraphische Werke oft in der Technik des Giclée-Prints erstellt. Die Giclée-Technik ist geeignet für mittel- bis großformatige künstlerische Drucke, die nach einer Vorlage des Künstlers mit einem Tintenstrahldrucker erstellt werden. Diese Vorlage ist stets ein vorhandenes Kunstwerk, entweder ein Gemälde, eine Zeichnung oder ein Aquarell. Deshalb ist ein Giclée-Print keine Originalgraphik, denn letztere wird definiert als ein Werk, das nur in diesem einen druckgraphischen Medium in dieser Anzahl der Drucke existiert, ohne dass eine Vorlage wie ein bestehendes Gemälde zum Beispiel dazu verwendet wurde. Bei einer Originalgraphik bearbeitet der Künstler die Druckplatte, die der Drucker direkt verwendet, selbst oder er zeichnet auf Umdruckpapiere, die vom Drucker auf Druckplatten abgeklatscht werden und das Ergebnis mit dem Künstler in der Werkstatt abgestimmt wird.
Ursprünglich diente in den 1990er Jahren die Giclée-Technik dazu, vor Druck mit Rasterfilmen im Offsetverfahren dem Auftraggeber eines kommerziellen Druckprospekts beispielswiese einen Farbproof zur Begutachtung vorzulegen. Heute ist das Giclée-Verfahren (frz. gicler = sprühen, spritzen) zu einer häufig angewandten künstlerischen Technik avanciert und dient vielen Künstlern als leicht realisierbare Alternative für eine Grafikedition. Diese Technik ist nicht nur für den Künstler einfacher als eine Originalgraphik, bei der der Künstler die Druckplatte bearbeitet oder maßgeblich am Druck beteiligt ist, sondern der Verleger solcher Editionen kann preislich günstig kalkulieren. Ein Éditeur ist wie ein Filmproduzent zu verstehen. Wie auch Schauspieler und Regisseure in der Regel nicht selbst eine Produktion realisieren und finanzieren, so übernimmt ein Verleger die Produktion einer Grafikedition und ihren Vertrieb in konzeptioneller, finanzieller und personeller Hinsicht. Viele Künstler der Gegenwart sind im Übrigen nicht mehr in den traditionellen künstlerischen Techniken der originalen Druckgraphik ausgebildet. Eine Lithographie beispielsweise, die vom Künstler zuvor auf den Druckstein oder die Druckplatte gezeichnet wurde, erfordert ein hohes Abstraktionsvermögen, viel Zeit, um die Technik zu erlernen, und es gibt nicht mehr viele künstlerische Druckwerkstätten, die überhaupt eine Lithographie drucken können. Das Gleiche gilt für andere originalgraphische Drucktechniken wie Kaltnadelradierung, Kupferstich, Punziermanier, Farbradierung, Aquatinta, Mezzotinto, Ätzradierung, Lithographie, Siebdruck und Mischformen wie Schablonendruck in Kombination mit einer dieser Techniken.
Der Giclée-Print ist Ausdruck unserer gegenwärtigen Zeit, ihrer Beschleunigung und schnellen Veränderung vieler technologischer Prozesse – und des Bedürfnisses nach erschwinglichen Kunstwerken seitens der Kunstliebhaber.
Zum Vergleich > Über Originalgraphik (hier klicken)