Surrealismus

Von Guillaume Apollinaire wurde dieser Stilbegriff 1917 geprägt, der heute jedoch für eine 1924 von André Breton in Paris proklamierte Kunstrichtung gebraucht wird. Der Surrealismus absorbierte die französische Dada-Bewegung und beanspruchte für sich, die Möglichkeiten des Unbewussten freizusetzen, indem Träume eine Vorrangstellung in der Bildfindung einnahmen unter dem Versuch der zeitweiligen Außerkraftsetzung bewusster Verstandeskontrolle. André Masson war als Maler ein französischer Vertreter des Surrealismus von Anfang an.

 

Sein Werdegang ist beispielhaft für diese Kunstbewegung, geprägt durch den experimentellen Umfang mit künstlerischen Ausdrucksmitteln. Bis heute ist der Surrealismus eine Quelle der Inspiration für zeitgenössische Künstler, Filmschaffende und Werbegrafiker. Den Künstlern eröffnete sich durch den Surrealismus der Zugang zum Irrationalen und den psychologischen Quellen der Kunst, deren Tiefe sie mit Hilfe der “écriture automatique” zu erforschen suchten. Mit dieser Methode entwickelte André Masson Bilder aus Leim und Sand in verschiedener Farbigkeit, eine Technik, auf die Günther Uecker in jüngster Zeit zurückgegriffen hat.

 

Kunst kommt immer von Kunst! Die linienbetonte, frei Formenumschreibung Massons grafischer Werke zeugt von einer Auseinandersetzung mit der ostasiatischen Kalligraphie. In trancehaft gezeichneten, schwingenden Linien oder auch ekstatisch erregten Schriftzügen hielt Masson oft wilde, stets dynamische Visionen fest. Obwohl man Masson, insbesondere in den USA, als Anreger des abstrakten Expressionismus feierte und bis heute schätzt, ist er dem allgemeinen Publikum weniger bekannt trotz seiner Bedeutung für die Kunstgeschichte. Salvador Dalí kann für sich beanspruchen, prototypisch für den Surrealismus zu stehen. Seinen Lebensstil ordnete er rigoros der surrealistischen Idee unter.

 

Der Gedanke, dass in einer Zusammenstellung nicht zugehöriger Dinge eine magisch-poetische Wirklichkeit entstehe, gipfelte in Dalís Ausspruch, dass Surrealismus die Begegnung einer Schreibmaschine mit einem Regenschirm auf einem Seziertisch sei. Im Surrealismus des Max Ernst treten zahlreiche animalische Figurationen mit mythischen, metamorphotischen Bezügen auf, die, wie Vögel, Sphinx oder Minotaurus, vor allem als Mischwesen erscheinen. Max Ernsts anthropomorphe Vogelfiguren stellen prägnante Beispiele individualmythologischer Anwendung animalischer Figurationen im Surrealismus dar, für den Künstler das beherrschende Symbol in seinem Werk.

 

Aus der surrealistischen Bewegung um Salvador Dalí und Hans Bellmer entwickelte sich ab 1950 die so genannte Wiener Schule des Phantastischen Realismus, deren maßgebliche, auch heute noch allgemein bekannte Vertreter Ernst Fuchs und Rudolf Hausner sind. In ihren Bildsujets greifen sie auf mythische Themen, kosmische Träumereien, Bezüge zum Alten Testament und apokalyptische Visionen, geprägt von den Traumata des Zweiten Weltkriegs, zurück und schufen in hochartifizieller Feinmalerei einen psychologisierenden Stil, der auch Elemente des Surrealismus aufnahm. Der Phantastische Realismus war einflussreich bis in die 1990er Jahre und ist Teil der Neueren Kunstgeschichte. 

Der Surrealismus wirkt bis heute fort in Malerei, Skulptur, Fotografie und Film. Es ist eine Kunstrichtung, die über die Realität hinauswirkt, die Veränderungen unserer Lebenswelten reflektiert und Zukunftsszenarien erträumt.