• Es gibt kaum mehr ein größeres Unternehmen, das sich nicht  für Kunst engagiert.
  • Kunst-Engagements sind unternehmensstrategisch integriert.
  • Die Schnittstelle von Kunst und Wirtschaft hat viel Potenzial

Kunst und Kultur bewegt.

Sie ist eine Kraft, die Menschen verbindet, inspiriert und begeistert. Die Beziehung der Wirtschaft zur Kunst gehört mittlerweile für viele Unternehmen zum Selbstverständnis. Im Rahmen ihrer so genannten gesellschaftlichen Verantwortung wird Kunstförderung in die Unternehmensstrategie integriert. Innovative Kunstkonzepte werden von einem klaren Konzept getragen und sind auf die Zielgruppe fokussiert.

Seit Anfang der 1950er Jahre, und zunehmend seit den 1980er Jahren, begannen deutsche Wirtschaftsunternehmen Kunst zu sammeln, Kunstausstellungen zu finanzieren und Kunstmuseen zu unterstützen. Es wurde diskutiert, ob ein solches Engagement als Mäzenatentum oder als Sponsoring zu verstehen sei. Da beide Ansätze in der Praxis ineinander übergreifen, hat sich der Begriff Kunstförderung oder Kunst-Engagement etabliert.

Kunst nimmt in den betreffenden Wirtschaftsunternehmen einen signifikanten Stellenwert ein. Wie aktuelle Umfragen belegen, wird die Bedeutung unternehmerischer Kunstförderung in der Zukunft von Unternehmensvertretern als konstant (49,4 Prozent) bis (weiterhin) zunehmend (43,1 Prozent) eingeschätzt. Für 90 Prozent der deutschen, in der Kunstförderung aktiven Unternehmen sind kulturelle Anliegen bewusster Bestandteil der Unternehmenspolitik. Zudem sind unternehmerische Kunst-Engagements vielfältiger, extensiver und effektiver geworden als es noch mit Fokus auf die Firmenkunstsammlung, dem Corporate Collecting, der Fallwar. Die aktuelle Kunstförderpraxis geht weit über die etablierten Maßnahmen in Bezug auf Kunstsammlungen oder Sponsoring von Kunst-Events hinaus. Wirtschaftsunternehmen schätzen ihr Kunst-Engagementals für alle Beteiligten erfolgreich ein.

„Die Zahl der Menschen, die Zeit, Mühe und Geld auf Kunst und Kunstobjekte verwenden, wächst, weil die Welt eine riesige kulturelle Veränderung durchmacht. Das Bedürfnis, kulturelle Interessen zu orten, seinen Geist in Kunst und Objekten zu verankern, wächst überall und hat vielleicht etwas mit der Allgegenwart von digitalen Erfahrungen zu tun: Die Menschen wollen vor einem richtigen Bild, einem Objekt stehen.“

(Steve Murphy, CEO Christie’s New York, in: Handelsblatt 29./30.07.2011, p. 61).

Der Rückzug des deutschen Staates aus der Kulturförderung gilt als die Voraussetzung dafür, dass Unternehmen sich als Kunstsponsoren profilieren können. Inzwischen ist privatwirtschaftliche Kunst- und Kulturförderung ein bedeutsamer Faktor für die öffentliche Hand und finanziert in erheblichem Maße die öffentlichen Kunsteinrichtungen. Der private Finanzierungsanteil von öffentlich bezuschussten Kulturinstitutionen betrug vor einigen Jahren ungefähr 1,1 Milliarden Euro; das macht laut Kulturfinanzbericht des Bundes (2010) in etwa 20 Prozent des Budgets dieser Institutionen aus.

Art-Invest 3-2014 Performance-5

Für ein Kunst-Engagement sprechen vielfältige Motive. Sie betreffen sowohl die Wirkung außerhalb des Unternehmens bei Kunden und relevanten Interessen-oder Anspruchsgruppen, so genannte Stakeholder, als auch die Wirkung innerhalb des Betriebs gegenüber den Mitarbeitern. Über die Schnittstelle der Kunstförderung hinaus haben Kunst und Wirtschaft mehrere Berührungspunkte.

Der Ökonom und Philosoph Birger P. Priddat weist auf zwei Bereiche hin: Kunst im Strategie- und Innovationsprozess der Wirtschaft und Kunst im Konsumbereich. Das gilt insbesondere für die sich globalisierende und komplexer werdende Wirtschaftswelt. Von den 100 größten Unternehmen Deutschlands, nach Umsatz betrachtet, engagieren sich 23 für Kunst. Im internationalen Vergleich betreiben 29 von 100 der nach Umsatz größten, börsennotierten Unternehmen weltweit ein Kunst-Engagement.

Dabei wird die europäische Dominanz deutlich: 21 der Unternehmen haben ihren Hauptfirmensitz in Europa (davon acht in Deutschland und sieben in Frankreich), aber nur fünf Unternehmen in Asien und drei in den USA.

Das vergleichsweise geringe Kunst-Engagement lässt sich vermutlich aus dem Firmenzweck erklären: 28 aus der Liste der „Fortune Global 100″ sind der Sparte Öl/Gas, Versorger oder Rohstoffe zuzuordnen, darunter zehn, zumeist US-amerikanische, auf den ersten 15 Rangplätzen – keines der US-amerikanischen Öl/Gas-Unternehmen fördert Kunst. 23 Unternehmen aus der Rangliste entstammen dem Bereich Finanzen,Banken und Versicherungen; zehn der Sparte Einzelhandel, Konsumgüter und Nahrungsmittel, acht der Automobilbranche, sieben der Technologie- und drei der Pharmabranche. Weder chinesische noch russische Unternehmen, gleich welcher Sparten, engagieren sich für Kunst.

Das gilt auch für Unternehmen, die – nach Renditestärke über die letzten vierzig Jahre betrachtet – zu den erfolgreichsten zehn Prozent weltweit zählen, darunter der Mischkonzern 3M, aber auch McDonald’s und WD-40. Bei WD-40 wird die Bedeutung von Kunst- und Kulturinstitutionen für die Gemeinschaft anerkannt, aber Kunst zähle nicht zum primary focus. Ein Engagement für Kunst ist vergleichsweise in Deutschland nicht nur bei den Großunternehmen, sondern auf breiter Ebene in größeren und mittelständischen Betrieben verankert.

Die Organisation „Kulturkreis der deutschen Wirtschaft“ im Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. empfiehlt Unternehmen, sich für Kunst zu engagieren, denn Kunst, Kultur und Bildung sind in jeder Gesellschaft eine Quelle von Inspiration, Kreativität und neuem Wissen. Zunehmend entdecken auch Unternehmen, dass sich aus der Wahrnehmung kultureller Verantwortung und dem Austausch mit dem kulturellen Umfeld neue Perspektiven und Ideen ergeben.

Zudem spielt ein erweiterter Kunstbegriff in der sich abzeichnenden Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft eine immer bedeutendere Rolle. Unternehmen, die sich auf kooperative Kulturförderung einlassen, tun also nicht nur etwas für ihr Image, sondern öffnen sich auch für neue Beziehungs- und Lernmöglichkeiten, Konzepte und Produktideen.

Als ein wesentlicher Auslöser für das Interesse an Kunst und Kultur in der Gesellschaft wird der Stellenwert von Kulturkompetenz bei dem gehobenen Bürgertum verstanden, insbesondere für zeitgenössische Kunstformen. Der Schriftsteller Thomas Wolfe beobachtet: „Moderne Kunst ist die Religion des gebildeten Menschen. Ein Rembrandt oder El Greco machen seinen Besitzer verstaubt und langweilig, ein Koons oder Warhol dagegen zu einem Auserwählten.“

Die Bedeutung von zeitgenössischer Kunst für die Zielgruppe der Kunst-Engagements kann als ein Indikator für die Wirksamkeit von Kunst im unternehmerischen Kontext gelten. Die erhöhte Präsenz moderner Kunstwerke in öffentlich zugänglichen Institutionen verstärkt das Interesse an dieser Kunst, da sie als Trend wahrgenommen wird und zur gesellschaftlichen Notwendigkeit innerhalb der gebildeten Bevölkerung avanciert.

Ein Vorstandsmitglied einer großen deutschen Bank fasste den Stellenwert von Kunst in Unternehmen zusammen: „Das Interesse unserer Zielgruppen an zeitgenössischer Kunst ist überdurchschnittlich hoch und der Kunstbereich insgesamt von dynamischem Wachstum geprägt.“

Der Geschäftsführer des Kunstauktionshauses Christie’s bringt den Grund für das ausgeprägte, sogar weltweit steigende Kunstinteresse auf den Punkt, wenn er feststellt:

„Die Zahl der Menschen, die Zeit, Mühe und Geld auf Kunst und Kunstobjekte verwenden, wächst, weil die Welt eine riesige kulturelle Veränderung durchmacht. Das Bedürfnis, kulturelle Interessen zu orten, seinen Geist in Kunst und Objekten zu verankern, wächst überall und hat vielleicht etwas mit der Allgegenwart von digitalen Erfahrungen zu tun: Die Menschen wollen vor einem richtigen Bild, einem Objekt stehen.“

Um die umworbene Zielgruppe zu erreichen, sind beispielsweise Kunst-Events in Kunstinstitutionen sinnvoll, denn durch ihre Teilnahme an einem solchen Event zeigen potentielle Kunden Eigeninitiative. Indem eine Einbindung mit dem Kunstereignis erreicht wird, wird die Zielgruppe besonders wirkungsvoll angesprochen.

Vor einem Kunst-Engagement ist ein klares und spezifisches Konzept notwendig, um geeignete Maßnahmen für eine unternehmerische Kunstförderung zu entwickeln. Nur eine nachhaltige und langfristige Förderung ist wirkungsvoll. Zu Beginn einer jeden Kooperation sollten sich die Verantwortlichen für Kunst-Engagements in den Unternehmen und in den Kulturinstitutionen „zusammensetzen und unmissverständlich darlegen, was sie sich von einer Partnerschaft versprechen“. Eine Kulturinstitution solle sich dabei als „brand“, als Marke, verstehen, um sich über seinen Wert für das Unternehmen im Klaren zu sein.

Es liegt der Gedanke zugrunde, dass sich die Projektpartner aus Wirtschaft und Kunst zunächst aufeinander „einspielen“ müssen, wobei es sich gezeigt hat, dass durch den direkten Austausch zwischen Unternehmen und Kunstpartner ein Wissenstransfer stattfindet, von dem beide Seiten profitieren können. Aus Glaubwürdigkeitsgründen ist auf einen wichtigen Aspekt in der Kunstpartnerschaft hinzuweisen, damit der wirtschaftliche Effekt für das Unternehmen positiv ausfällt: Die Bewerbung der gemeinsamen Kunstprojekte sollte gestalterisch wie inhaltlich immer nur in der Corporate Identity der Kulturinstitution und nicht in jener des fördernden Unternehmens erfolgen.

Um zu verstehen, wie Kunst-Engagements effektiv wirken können, ist auf die Notwendigkeit der Wechselwirkung der für den Erfolg maßgeblichen Faktoren hinzuweisen: Qualität, Nachhaltigkeit, Kompetenz in der Projektauswahl durch die Unternehmen und Unabhängigkeit der Kunstpartner in der Projektumsetzung. Um das Kunstförderbudget, das entweder aus der Konzernkommunikationsabteilung oder aus einer Unternehmensstiftung gespeist wird, einer sinnvollen und wirkungsvollen Verwendung zuzuführen, sind bestimmte Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen:

 

  • Klares Konzept mit eindeutigem Profil 
  • Fokus auf Qualität und gesellschaftlich relevante Inhalte 
  • Glaubwürdigkeit durch Unabhängigkeit der internen Kunstabteilung sowie der Kunstpartner 
  • Gleichberechtigte Kooperation mit den Kunstpartnern 
  • Langfristige Zusammenarbeit 
  • Vorreiterrolle durch innovative Ansätze 
  • Bezug zur Unternehmensstrategie 
  • Berücksichtigung der Markenidentität 
  • Verknüpfung mit dem Bereich „gesellschaftliches Engagement“ 
  • Angemessene Nutzung verschiedener Kommunikationsmedien und glaubwürdige (nicht marketingorientierte) Öffentlichkeitsarbeit.

Im Zusammenspiel gleichberechtigter Partner in Wirtschaft und Kunst, in der Einbindung der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit werden die kulturellen Aktivitäten und damit die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch das Unternehmen bekannt gemacht und in der Wahrnehmung der Rezipienten mit dem Unternehmen verknüpft. So kann durch das Kunst-Engagement ein Nutzen entstehen. Mit Hilfe der oben genannten Modellkomponenten gilt es, geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um ein Kunst- Engagement effektiv zu gestalten.

Als „Formel“ lässt sich festhalten: Qualität + Nachhaltigkeit = Glaubwürdigkeit. Daraus folgt die Akzeptanz des Kunst-Engagements bei der Zielgruppe. Das Engagement kann Vertrauen schaffen, und Vertrauen gilt als die wichtigste Währung für ein Unternehmen. Die Anerkennung für die freiwillige kulturelle Leistung des Unternehmens ermöglicht einen Imagegewinn und strahlt insgesamt positiv auf das Unternehmen ab. Somit steigern Kunst- Engagements potenziell den Wert der Marke. Durch die langfristige Kulturarbeit der Wirtschaft über die vom deutschen Staat geleistete kulturelle Grundversorgung hinaus wird schließlich ein Mehrwert geschaffen, der dem Unternehmen nützt und der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft dient.